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Handaufzucht oder Naturbrut ?

Alle Papageienküken sind Nesthocker und werden von ihren Vogeleltern mit ihrem Alter entsprechender Nahrung gefüttert, gewärmt, geputzt. Sie lernen von den Eltern die Körper- und Lautsprache ihrer Art. Wenn die Küken den Nistkasten verlassen haben, beschützen die Eltern sie und bringen ihnen alles bei, was sie als Papageien wissen müssen:

Orientierung in der Umwelt, selber fressen und Futtersuche, Verhalten gegenüber Artgenossen und anderen Tieren, usw.

Ein Familienzusammenhalt scheint auch noch zu bestehen, wenn die Küken schon selbstständig sind. So konnte ich beobachten, wie aufgeregt die Wellensittich-Eltern waren, als eines ihrer inzwischen schon etwa drei Monate alten Kinder, das sich in (vermeintlicher) Gefahr befand, zu helfen versuchten.

Das Kleine war aus dem abgeteilten Vogelzimmer heraus geflogen und fand den Weg zurück nicht.

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Nun kommt der Mensch und greift in den natürlichen Brut- und Aufzuchtvorgang ein. Er nimmt also die jungen Küken aus dem Kasten, ersetzt die kuschelige Nisthöhle und die Wärme der Eltern durch eine Plastikschale, ein Handtuch und eine Wärmebox, füttert mit einer Kropfsonde, einer Futterspritze oder einem Löffel einen Einheitsbrei.

So erhält der zukünftige Halter gleich einen fertig zahmen, auf den Menschen (fehl)geprägten Vogel und erspart sich die Mühe, sich das Vertrauen des Vogels zu erarbeiten. Wen interessiert schon der Stress des kleinen Vogels bei der Trennung von den Eltern, das Leid der Vogeleltern über den frühen Verlust der Brut, wen kümmert's, was der kleine Vogel alles nicht erleben durfte.

Wer nun meint, er würde durch seine Entscheidung für eine Handaufzucht garantiert einen problemlosen Vogel bekommen, dem sei gesagt, dass gerade von Hand aufgezogenen Vögel oftmals sehr lästige Verhaltensweisen an den Tag legen, oder Verhaltensstörungen entwickeln. Aggressivität, Schreien und Federn rupfen sind keine Seltenheit.

Mit dem Gedanken, ich nehme eine Handaufzucht, dann habe ich es leichter, schafft man sich u. U. Probleme, die weit schwieriger in den Griff zu kriegen sind als die Zähmung einer anfangs scheuen Naturbrut.

Bitte informieren Sie sich gründlich, bevor Sie Ihre Entscheidung treffen. Eine sehr gute Gegenüberstellung der Aufzuchtsarten und ihrer Vor- und Nachteile finden Sie auch hier.

Wer sich dennnoch für Handaufzuchten entscheidet, sollte unbedingt von Anfang an zwei gegengeschlechtliche Tiere etwa gleichen Alters erwerben, damit die Vögel von klein auf unter Artgenossen bleiben und sich nicht noch mehr durch Einzelhaltung auf den Menschen fixieren und somit Probleme bedingt durch zu große Fehlprägung so gut es geht vermieden werden.  

Je länger eine Handaufzucht solo unter Menschen lebt, um so schwieriger kann sich eine spätere Verpaarung mit einem Artgenossen gestalten und um so leichter kommt es zu Verhaltensstörungen, da das wichtige arteigene Sozialverhalten leidet.  

Im Prinzip gilt dies zwar auch für Naturbruten, wenn diese gezähmt und zu lange allein gehalten werden, aber Handaufzuchten zeigen meist viel schneller Auffälligkeiten, da sie schon durch die Aufzucht per Hand besonders stark auf den Menschen getrimmt wurden.

 

Der Erwerb von Teilhandaufzuchten, welche im Gegensatz zu richtigen Handaufzuchten zumindest einige Wochen unter den eigenen Eltern leben dürften und dadurch wenigstens etwas vom sozialen Leben der Eltern mitbekommen haben, wäre schon etwas vorteilhafter, vor allem wenn die Jungvögel nach der Entnahme zur Handzufzucht mit ihren Geschwistern gemeinsam aufgezogen werden, die Tiere also ständig unter Artgenossen sind, bis sie zum Käufer gelangen.

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